Wie jetzt? Spanisch?? Kann sie jetzt etwa kein Portugiesisch mehr? Doch sie, also die Kolumnistin, also ich kann nach wie vor Portugiesisch, jedenfalls so einigermaßen, und lebt auch immer noch in Portugal. Aber – Charlas al Fresco, die Angewohnheit, in der Abendkühle vor dem Haus zu sitzen und zu plaudern, ist eine spanische Tradition. Und deswegen hat der Bürgermeister von Algar bei der UNESCO beantragt, diese Tradition des abendlichen Dorfklatsches als immaterielles Weltkulturerbe anzuerkennen. Und da ist jetzt natürlich die Frage, was können wir hier in Portugal dagegen halten. Mal sehen…
Wie wäre es mit: Tomar um Cafezinho? Der Angewohnheit, keinen Tag verstreichen zu lassen, ohne wenigstens einmal am Tag in einem Café eine Bica zu trinken? Bei ausreichend Zeit im Sitzen, bei Eile im Stehen. Eine schöne Angewohnheit – aber ist das wirklich hervorstechend genug?
Und wie wäre es hiermit: Desenrascar – das Verb für die Fähigkeit, mit unzureichenden Mitteln eine temporäre Lösung zu finden, die so gut ist, dass sie meist nie mehr geändert wird. Das ist wirklich portugiesisch. Würde die UNESCO das anerkennen? Als kulturelle Eigenheit, die nicht aussterben sollte? Mmhh…
Und das hier?
Irgendwo in Strandnähe parken und sich im Auto von der Sonne wärmen lassen. Der Mann liest, die Frau strickt. Ja, ich weiß, das klingt jetzt sexistisch, also gut, drehen wir es um: Die Frau liest, der Mann strickt.
Funktioniert nicht richtig? Bleiben wir bei der ersten Variante? Oder beide stricken oder beide lesen, aber darum geht es hier gar nicht, es geht darum, dass die Leute sich im Auto in der Nachmittagssonne aufwärmen, weil es in der Wohnung im Winter so kalt ist. Da haben die Deutschen früher drüber gelacht. Aber nachdem, was ich jetzt so in den Nachrichten höre und lese, wird das wahrscheinlich bald in Deutschland eingeführt und sich rasant verbreiten, und dann ist es keine portugiesische Kultur mehr, und auch nicht mehr vom Aussterben bedroht.
Jetzt habe ich es!
Etwas, das die UNESCO wirklich anerkennen könnte!
Magusto!
Das Feiern am 11. November. Das wird auch woanders gefeiert? Macht nichts. Das nehmen wir jetzt. Schließlich ist der Sankt Martinstag in Portugal der Beginn des Verão de São Martinho, den gibt es in Nordeuropa so nicht. Da wird hier noch mal richtig Sommer. Ein echtes Wetterphänomen.
Das durch eine Legende erklärt wird: Ein römischer Soldat namens Martin wird an einem stürmischen Tag von einem Bettler um eine Spende gebeten. Aber Martin hat nichts in seinen Taschen. (So war das damals im 4. Jahrhundert – da waren die Leute noch unterwegs, ohne irgendwas bei sich zu haben). Also nahm er seinen Umhang, riss ihn in der Mitte durch und gab eine Hälfte dem Bettler. Woraufhin sich der Himmel öffnete und die Sonne erschien.
Und weil seitdem am 11. November das Wetter so gut, und außerdem der Wein in der Adega fertig ist und die Kastanien reif sind, wird gefeiert. Bei uns im Dort wird die Straße gesperrt, Essen, Wein und ein Lautsprecher stehen auf der Ladefläche eines Pickups. Jemand schürt ein Feuer, da legen wir die Kastanien rein. Dann wird getanzt.
Und irgendwann werden die köstlichen Kastanien aus dem Feuer geholt. Wer mutig ist, springt über das Feuer. Wer albern drauf ist, schmiert sich und den anderen Asche ins Gesicht. Warum? Keine Ahnung.
Das ist der Magusto. Der könnte doch Weltkulturerbe werden. Und Charlas al Fresco, also Bate Papo ao Ar Livre, gehört zum Magusto natürlich sowieso dazu, das ist klar.