Wie Peter Imker wurde

Zzzzuuuuuuuuummmm – als Peter das erste Mal – nein, so war es nicht, so war es nicht, so war es nicht. SO war es: Als Peter achtzehn war, beschloss er ungeachtet dessen, dass er in einer Großstadt wohnte und Bienen nur aus dem Fernsehen kannte, Imker zu werden.

Er aß gerne Honig.

Da musste es doch oberaffengeil sein, Honig selber herzustellen.

Und Bienen sahen süß aus.

Eigentlich war ihm erst vor kurzem klar geworden, dass Honig von Bienen gemacht wurde. Merkwürdig auch. Aber so ein Leben in der Stadt, Essen aus der Packung, intellektuelle Eltern. Und der Aufklärungsunterricht auch gleich über die Paarung der Menschen. Nix Bienen. Nix Honig. Gleich Sex.

Peter hatte zu den Kindern gehört, die dachten, Alpenkühe wären lila. Also so einer.

Aber was war denn nun eigentlich mit Peter?

Ach ja – stimmt. Ich wollte euch erzählen, wie Peter zum Imker wurde. Und warum das dazu führte, dass – wartet, dazu komme ich gleich.

Peter ging also zu einem Imkerverein, um zu erfahren, wie er das nun am besten anstellen konnte. Er wartete eine geschlagene Stunde in einem trostlosen langen Gang vor einer braun gestrichenen Tür und starrte auf das Schild, nein auf das Poster mit der fliegenden Biene. Über das Poster verteilt, in der Fluglinie, ein großes Zzzuuuuuummmmmm – geradezu meditativ, er ließ sich auf das Zzuumm ein, es summte in ihm, er sah schon fast, wie die Biene sich bewegte, als ihn jemand wieder in die Gegenwart zurückholte. Der Mann vom Bienenverein schloss die Tür auf, das Zzzuumm war weg.

Und Peter durfte ins Büro eintreten.

Erzählte begeistert von seinem Plan, Bienen zu züchten. Honig zu schleudern. Neue Schwärme einzufangen. Von Waldhonig und Blütenhonig, von Wildblütenho…

„Und Sie glauben, das können Sie so einfach machen?“, fragte der Mann hinter dem Schreibtisch.

„Ich kann´s lernen“, sagte Peter.

„Das ist ein richtiger Beruf“, sagte der Mann. „3 Jahre Ausbildung. Mit Abschlussprüfung.“

„Macht nichts“, sagte Peter. “

„Warum machen Sie nicht lieber was Vernünftiges“, sagte der Mann. „Irgendwas, was Geld bringt.“

„Ich will aber Imker werden“, sagte Peter.

„Imker ist ein aussterbender Beruf. Und die Bienen sterben auch“, sagte er und zeigte dabei auf die Deko, die auf dem Schreibtisch stand. Eine Stoffbiene auf einem Metallstab, aufgespießt am oberen Ende. Wie ein Schaschlikspieß ohne Schaschlik, aber mit Biene als Stopper oben. Oder so.

„Bienensterben weltweit,“ fuhr der Mann fort und klopfte leicht an die Biene, die sich daraufhin drehte. „Und für den Honig braucht man auch bald keine Bienen mehr. Das machen bald Maschinen, sogenannte künstliche Bienen“.

„Und Maschinen können die Bienen ersetzen?“, fragte Peter.

„Klar“, sagte der Mann, „eine künstliche Biene kann alles, was eine natürliche Biene kann. Bis auf stechen. Künstliche Bienen stechen nicht. Das ist ein Vorteil.“

Peter schwieg.

Wenn nicht Imker, was dann?

Er wollte unbedingt Bienen halten.

Unbedingt, unbedingt, unbedingt.

Er bewunderte ihre Ausdauer. Ihre Disziplin. Ihren Zusammenhalt im Bienenstock. Ihre Hingabe an die Königin. Ihre Fürsorge für die Brut. Und dass sie ihre Nahrung selbst herstellten.

„Es gibt nämlich auch Menschen, die gegen Bienenstiche allergisch sind“, sagte der Mann vom Bienenverein und nickt zu seiner eigenen Bestätigung. Peter fand: Er sah ein bisschen aus wie ein Wackel-Dackel.

„Allergisch?“, fragte Peter.

„Die fallen sofort tot um“, sagte der Mann hinter dem Tresen und drehte an der Modellbiene, so dass ihr Gesicht zu Peter zeigte. Mit dem Stachel nach vorne. „Na ja, vielleicht nicht sofort. Aber ziemlich schnell.“

„Ja, dann“, sagte Peter, der nicht wusste, was er sonst sagen sollte.

„Warum stellen Sie sich nicht einfach einen Bienstock auf den Balkon“, sagte der Mann. „Machen jetzt viele. Wegen Bio und und um die Bienen zu retten. Sozusagen ein ökologisches Biotop auf dem Balkon. Und wenn Sie mal so eine grüne angehauchte Frau mit nach Hause bringen, dann können Sie bei der damit punkten. Gibt viele, die stehen auf so was. Bio-Bienen auf´m Balkon.“

Das ist das Ende der Geschichte?

Nein, natürlich nicht. Jetzt fängt sie nämlich im Grunde erst richtig an.

Manno, mach schon, wir müssen gleich weg.

Peter bestellte sich also einen Bienenschwarm. Eine Art Bausatz für Balkon-Bio-Bienen. Einen Kasten. Die Gestelle mit den Waben zum Einsetzen. Einen Schwarm zum Reinsetzen. Und als letztes, als Punkt auf dem i, als Krönung: die Königin. Sie kam in einem Lockenwickler. Das war die beste Art, einzelne Bienen zu verschicken, hatte ihm der Verkäufer erklärt.

Peter baute alles zusammen, auf seinem Balkon.

Es war ein sonniger Tag im Mai, nicht zu warm und nicht zu kalt. Bald würden die Bäume in den Vorgärten blühen. Dann konnten seine Bienen ausschwärmen.

Er holte sich ein Stück von dem gefrorenen Hochzeitskuchen aus dem Kühlfach. Der war übrig, weil die Frau von seinem Freund, wo er Trauzeuge sein sollte, sitzengelassen worden war. Von seiner Braut, also der Braut des Freundes. Wie in die Braut, die sich nicht traut. Eigentliche eine Gemeinheit, jemandem so etwas anzutun. Wenn ihm das passiert wäre, also da wäre die Braut nicht so davongekommen. Da wäre ihm schon was eingefallen um sich zu rächen.

Und plötzlich musste Peter grinsen. Jetzt wusste er, wie er mit seinen Bienen Geld verdienen konnte. Er würde einen Service anbieten. Bienen verkaufen. War ja nicht verboten. An Leute, die jemanden kannten, der allergisch auf Bienenstiche reagierte. Das Einzige, was ihm jetzt noch fehlte, waren Lockenwickler für den Versand und ein guter Anzeigentext, kryptisch und offensichtlich zugleich. Zufrieden biss Peter in den immer noch halbgefrorenen Kuchen.

Und hat er das dann wirklich?

Das, Kinder, das erzähle ich euch morgen…

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