Es war einmal vor langer, langer Zeit. Es war nach der Zeit, in der das Wünschen noch half, aber vor der Zeit, in der man alles im Internet bestellen kann. Also in dieser Zwischenzeit, in der es manchmal schwierig sein konnte, wenn man etwas brauchte oder besorgen wollte.
In dieser Zeit wohnte ich in einer kleinen Hütte an einem kleinen Fluss. Fast wie im Märchen, nur staubiger. Die Hütte war aus Holz und das Dach mit roten Schindeln gedeckt, durch deren Ritzen das Mondlicht schien. Natürlich nur in Vollmondnächten.
An der Decke wohnten langbeinige Spinnen, auch Schneider genannt, sie hingen in Trauben, saßen aufeinander, hielten sich aneinander und wenn sie etwas erschreckte, fingen sie an zu wippen, bis sie irgendwann so stark wippten, dass sie allesamt gemeinsam von der Decke fielen. Auf mein Bett. Und somit manchmal auch auf mich.
Der Boden war trockene Erde, also Staub, je heißer, desto staubiger, und wenn ein Socken auf den Boden fiel, tanzten die Staubkörner im Sonnenlicht, das durch die Ritzen fiel, und ließen die Schneider wippen.
Nicht weit von der Hütte, an der Stelle, an der ich im Fluss meine Wäsche wusch, war ein Wasserbecken, in dem drei wilde Schildkröten lebten. Nicht wild im Sinne von wild und gefährlich, sondern wild im Sinne von: Niemand hatte sie in einer Tierhandlung erworben und niemand fütterte sie. Sie lebten frei und versorgten sich selber.
Eines nachts, spät in einer Vollmondnacht, ging ich am Fluss entlang, nach einem Besuch bei den Nachbarn.
Vorbei an der Quelle, an der wir alle mit einem Schöpflöffel aus Kork unser Trinkwasser schöpften.
Entlang der schmalen Felder, auf denen Kohl und Tomaten wuchsen. Etwas Salat und ein paar Gurken, von denen die meisten leicht bitter schmeckten. Um die Bitterstoffe nicht in die Gurke zu ziehen, schnitt man die Gurke in der Mitte durch und zog die Schale zu den Enden hin weg. Ein alter portugiesischer Hausfrauentrick.
Der Mond schien so hell, dass man fast die Farben der Tomaten erkennen konnte.
Ich ging vorbei am Schildkröten-Teich und weiter entlang am Fluss.
Wie schnell er in dieser Vollmondnacht floss.
Wie es rauschte und gurgelte. Als ob der Fluss spräche.
Die hellen Stimmen der Wassernixen, die sich miteinander unterhielten. Das Poltern der Brunnengeister, die für einen Moment die Wassernixen übertönten. Die Nixen zur Ordnung riefen, aber ohne viel Erfolg, denn schon setzte das Plätschern wieder ein. Ein Flüstern. Dann lauter werdend.
Die Nacht war angenehm frisch. Mich fröstelte. So ohne Jacke.
Wie laut sie sich unterhielten, die Brunnengeister und Wassernixen. Was sie sich wohl erzählten? Ob sie mich wahrnahmen? Ob ich für sie existierte, so wie sie für mich existierten, in dieser Vollmondnacht?
Denn daran gab es keinen Zweifel.
Als ich zur Hütte kam, zog eine Wolke vor den vollen Mond. Lua cheia. Der volle Mond. Kurz bedeckt, dann wieder da.
Ich öffnete die Tür zu meiner Hütte. Die Schneider fingen vor Schreck an zu wippen und ich sah, wie sie im Licht des Mondes als eine Wolke aus Beinen und Punkten auf mein Bett rieselten.
Als ich am nächsten Morgen aufwachte, war der Zauber der Nacht verflogen. Der kleine Bach hinter der Hütte floss ruhig und träge. Es war windstill. Die Nachbarin hatte mir zwei Gurken vor die Tür gelegt. Ich würde sie von der Mitte her aufschneiden, so wie sie es mir gezeigt hatte. Es würde wieder ein heißer Tag werden.